von Dr. Wolfgang Schober
Nach dem letzten Beitrag über die Schleppkupplung ist sinngemäß nun die Schleppleine dran. Man möchte meinen, dass sie die größte Nebensache der Welt ist. In gewisser Weise haben jene Piloten recht, die dem Vereinsschleppbetrieb (Power-Schlepp) frönen. Doch auch hier gibt es ein Kriterium, das von Bedeutung ist: die Leinenlänge. Eine zu kurze Schleppleine ist für beide Piloten eine Herausforderung. Ist der Segler nicht genau auf Kurs, so übertragen sich Abweichungen viel stärker auf die Schleppmaschine als bei längerer Leine. Die Normlänge der Schleppleine ist bei Schleppwettbewerben mit 25 m festgelegt. Das kann man als guten Anhaltspunkt nehmen, denn die Piloten kommen damit gut zurecht und es stellt einen Kompromiss zwischen zu kurz und zu lang dar.
Vorbildgetreuer Schlepp
Die Leinenlänge spielt hier eine größere Rolle als beim Powerschlepp. Ist die Leine zu kurz, passiert vorhin Gesagtes. Allerdings kann die Auswirkung auf die Schleppmaschine – die ja mit geringer Leistung fliegt – so groß werden, dass auch diese völlig aus der Bahn gerät. Ein Notausklinken ist hier die (einzige) Rettung. Ist die Leinenlänge bei 30 oder gar 40 Metern, so ist ein seitliches Auspendeln des Seglers nicht dramatisch. Das Problem ist der saubere Kurvenflug. Bei einer zu eng geflogenen 180-Grad Wende kann es passieren, dass die Motormaschine dem Segler bereits entgegenfliegt während sich dieser noch in der ursprünglichen Richtung befindet. Den Rest kann sich jeder selbst vorstellen. Deshalb sind die 25 m Leinenlänge ein guter Kompromiss. Beim vorbildgetreuen Schlepp sind aber auch das Material und der Durchmesser der Leine von Bedeutung. Ein gummiartiges Material ist für den Schleppflug ungeeignet. Störungen in der Schleppbahn nimmt der Gummi zwar auf, gibt aber diese Energie unerbittlich zurück. Das kann so weit führen, dass sich der Segler anschickt, die Schleppmaschine zu überholen. Ein Stahlseil als Alternative wäre aber sicher auch völlig falsch. Am besten sind geflochtene Nylonschnüre, die eine geringe Dehnung erlauben, aber nicht zu stark als Feder wirken.
Es gibt hier aber eine Erkenntnis, der man nicht bedingungslos folge muss, die aber nicht vorenthalten werden soll. Man nimmt ein sehr starkes Seil mit 4 bis 6mm Durchmesser. Beim normalen Schleppflug hängt die Leine durch das Eigengewicht ein wenig durch. Tritt eine Störung auf, so spannt sich die Leine ein wenig mehr und sobald sich das Gespann wieder beruhigt, wird der ursprüngliche Durchhang wieder langsam aufgebaut. Das soll so ähnlich wirken wie selbstaufrollende Abschleppseile im Kfz-Bereich. Ob das beim Schleppflug mit Modellflugzeugen wirklich so funktioniert sei dahin gestellt.
Wettbewerbsschleppflug
Alle Kriterien zur Schleppleine im vorbildgetreuen Flug treffen natürlich erst recht auf den Wettbewerbsschleppflug in Österreich zu. Bei der Figur „Seilabwurf“ wird auch die Präzision des Abwurfes mit Bonuspunkten bedacht. Dabei muss eine Markierung irgendwo am Seil angebracht sein, deren Lage in den Landefeldern dann zu Zusatzpunkten führt. Als Beispiel für so eine Markierung kann man die innere Kunststoffkapsel eines Überraschungseis etwa 3m nach dem vorderen Seilende befestigen. So befindet sich diese Markierung knapp hinter der Schleppmaschine und erleichtert dem Schlepppiloten den Zielabwurf. Nun noch zur Seildicke: ein dickes Seil ist beim Zielabwurf viel schwerer einzuschätzen, da es in Form einer Wurfparabel zu Boden „fliegt“. Ein dünnes Seil hingegen bleibt in der Luft nach dem Ausklinken fast augenblicklich stehen und fällt gerade herunter. Jetzt ist es offensichtlich, warum jeder Schlepppilot hier seine Vorlieben hat.
Ausführung einer Wettbewerbsschleppleine:
Die maximale Länge beträgt 25 Meter. Am Schleppseil müssen 2 Markierungen vorhanden sein. Die erste Markierung kann irgendwo an der Schleppleine angebracht werden, hat einen maximalen Durchmesser von 5 cm, darf höchstens 10 Gramm wiegen (z.B. das Innere des Überraschungseis) und dient zur Beurteilung der Präzision des Abwurfs. Ein Flatterband markiert das hintere Seilende um den Punkterichtern eine optische Hilfe zu geben, das Schleifen des Schleppseils vor dem Abwurf zu erkennen. Es signalisiert aber auch, dass das komplette Seil zurück gebracht wurde.
Kuriosität
Die Deutschen Modellflieger hatten begonnen, die ersten 2 Meter der Schleppleine mit einem Kohlerohr zu überziehen. Damit versuchte man zu Verhindern, dass die Schleppleine sich an den Ruderanlenkungen oder Massenausgleichshörnern der Ruderflächen verheddert. Argumente wie „das Scheuern der Schleppleine am Seitenleitwerk wird durch das Kohlerohr verhindert“ waren nie nachvollziehbar. Diese „Neuheit“ schwabbte dann auch nach Österreich über, war hier aber in der Wettbewerbsschlepperei verboten. Man braucht sich nur vorzustellen, wenn beim Seilabwurf plötzlich ein Speer zu Boden stürzt.
Nun hat die Firma Unilight eine elektrische Schleppseilwinde entwickelt, die auf Kommando die Schleppleine aufspult. Damit wird beim Zweckschleppen verhindert, dass beim Landeanflug mit Schleppleine sich dieses im Gebüsch/hohen Gras verfängt. Jetzt stürzen sich die Piloten auf diese Neuheit und das Kohlerohr ist gestorben.
Aufbau einer Wettbewerbsschleppleine
Die maximale Länge von 25 m wird immer ausgenutzt. Vorne bei der Schleppmaschine befindet sich eine Seilschlaufe und etwa 2 bis 3 Meter dahinter wird eine optische Markierung angebracht, die für die Bewertung des Präzisionsabwurfs benötigt wird.
Das Seilende beim Segelflugmodell wird vor der Schlaufe noch mit Flatterbändern markiert um den Punkterichtern die Bewertung zu erleichtern:
- Streift die Leine vor dem Ausklinken den Boden
- Bringt der Pilot die ganze Leine zurück